Roti / Orijit Sen

Roti - Orijit Sen

 

Kommt man in ein Dorf im Punjab, wird meistens auf Floskeln wie How are you? verzichtet, eher wird man mit « Hast du dein Roti schon gegessen? » begrüsst, denn ein Punjabi fühlt sich schlicht nicht lebendig, wenn er nicht ein, zwei Fladenbrote seinem Verdauungstrakt zugeführt hat. Was mich betrifft, so beantworte ich die Frage oft mit einem bestimmten Ja, obwohl ich vielleicht zuvor nur Tee und Biskuits zu mir genommen habe, weil ich sonst nicht darum herum käme, im Haus des Fragestellers bis zum Abwinken Roti zu essen.

Punjab, auch Fünfstromland genannt (persisch pandsch = fünf, ab = Wasser), erstreckt sich – ungeachtet der modernen Grenzen von Pakistan und Indien – von den Ausläufern des Himalayas bis zu den Ufern des Indus. Die Bewohner sind äusserst fähige Bauern, die traditionellerweise Weizen, Hirse und Gemüse anbauen und Vieh züchten. Trotz aller Unbill ihrer Geschichte schafften es die Punjabis, ihren Ruf als mutige, schwerarbeitende und grossherzige Menschen zu bewahren.

Typisches Punjaber Roti besteht aus einem runden Weizenbrotfladen, der auf einem Backblech oder im töner­nen Ofen gebacken wird. Es bildet die Basis jeder Mahlzeit, sei sie frugal oder luxuriös; nicht einmal Reis, das Grundnahrungs­mittel Indiens, kann da mithalten.

Es überraschte mich nicht zu hören, dass Weizen in der Sprache des Punjab kanak heisst, womit auch Gold bezeichnet wird. Auf einer kulinarischen Weltkarte würde Punjab mitten auf der Grenze zwischen den auf Weizen basieren­den Kulturen Europas und West­asiens und den Reis essenden Ländern Ostasiens sitzen. (...)

 

Roti - Orijit Sen

 

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