Uli Oesterle |
Wahnsinn ist keine Krankheit |
Uli Oesterle, Jahrgang 1966, veröffentlichte
seine ersten Comics in den frühen Neunzigern in Comicstrich, einem
kostenlosen Fanzine, das in Münchner Szene -kneipen auslag. Später
textete und zeichnete er für andere Fanzines und Comic-Magazine wie
SI-Kartuun, MogaMobo, Panel und Tentakel. Oesterle gehörte zu den
Mitbegründern und zur Redaktion von Comicstrich und hat sich und
einigen anderen Zeichnern mit der Artillerie eine Ateliergemeinschaft
im Münchner Westen geschaffen. Sein täglich Brot verdient er
als Illustrator, u.a. für den Playboy, Cinema und Mens Health. Mit Schläfenlappenphantasien brachte er 1999 sein erstes eigenständiges Album heraus. Der Schwarzweissband, für den Oesterle letztes Jahr für den "Max-und-Moritz-Preis" nominiert wurde, ist eine Sammlung von Comic-Shortstories, die alle um typische Grossstadt-Themen kreisen, um die Verwahrlosung und Vereinsamung des Einzelnen, den Wahnsinn und das Aussenseitertum der Alleingelassenen. Oesterle schildert diese Themen mit einem expressiven und dennoch unprätentiösen und schnörkellosen Strich, der manchmal an José Muñoz, manchmal aber auch an David Mazzucchelli erinnert. Kurz nach den Schläfenlappenphantasien präsentierte er seine erste albenlange Geschichte in Farbe: Frass schildert das Leben des professionellen Gourmets Serafin Brute, der sich eines Tages seiner schier übersinnlichen geschmacklichen Fähigkeiten beraubt sieht und daraufhin keine noch so abstruse Idee auslässt, um diese Gabe wieder zu erlangen. Dass das Ganze in einer grotesken Selbstzerfleischung endet, ist typisch für Oesterle, der in seinen Stories immer schon gerne dem Exzessiven und Abseitigen gehuldigt hat. Doch sowohl die Schläfenlappenphantasien als auch Frass sind eigentlich nur Fingerübungen, wenn man den Umfang und den Arbeitsaufwand bedenkt, den Oesterles nächstes Comic-Projekt hat: Das Script der ersten drei Bände von Eindringlinge, Oesterles geplanter Albenserie, ist bereits geschrieben. Die Ausgangsidee: Der Wahnsinn ist keine Krankheit, sondern eine Untergrundarmee, die nur für die Opfer sichtbar ist die Umwelt sieht nicht, was wirklich vorgeht. Nur Kain Wunder, der Held der Serie, besitzt die Gabe, die Armeen des Wahnsinns tatsächlich zu sehen und nach anfänglichem Zögern auch zu bekämpfen. Das Album, das in Farbe und als Hardcover bei Edition 52 herauskommen wird, soll rechtzeitig zum Comic-Salon in Erlangen fertig werden. Alex Schäffner
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Illustration: Andreas Dierssen |