Furuya Usamaru

Geboren im Januar 1968 in Tokio, träumte Furuya schon als Kind davon, Mangazeichner zu werden. Nach der Schule versuchte er es aber zunächst einmal mit einem Kunsthochschulstudium, das Malerei und Performance einschloss. Doch schon bald hatte er den Eindruck, dass die zeitgenössische Kunst aufgrund ihrer Abgehobenheit an eine Grenze stosse. So näherte er sich nach dem Studium, während er an einer Oberschule als Kunsterziehungslehrer arbeitete, wieder seinem Kindheitshobby, dem Manga. Er schickte seine Comics an das Magazin Garo und konnte dort mit der Serie "Palepoli" debütieren. Furuya selbst äussert sich nicht zur Bedeutung des rätselhaften Titels, man kann diesen aber durchaus auf das legendäre Paleopolis zurückführen, eine von den Griechen geschaffene und aus Sicht der Römer "alte Stadt" im Vergleich zu ihrem "neuen" Neapolis, dem heutigen Neapel. In Furuyas Serie begegnet einem eine postmoderne Zitierfreude, die zahlreiche Comics und Kunstwerke ins Spiel bringt, sowie eine Meta-Perspektive, durch die Strukturen des Ausdrucksmediums als solche zum Thema werden. Auch die Beschränkung auf das Vier-Panel-Format vermittelt den Eindruck eines eminent künstlerischen Herangehens. Im Nachwort zu "Palepoli" erinnert sich Furuya: "In nur vier Panels wollte ich davon erzählen, dass eine Welt voller Bosheit, Unglaube, Parodie und Wahnwitz Schritt für Schritt ihrem Verfall entgegengeht." Seine Originalität als Mangazeichner liegt nicht darin, was man gemeinhin als Charakteristikum alternativer Autoren, namentlich der Repräsentanten von Garo, versteht, nämlich aus den eigenen inneren Konflikten zu schöpfen, um Comics hervorzubringen. Furuya entscheidet sich demgegenüber jeweils für ein bestimmtes Konzept und eine entsprechende Methode. Da er die unterschiedlichsten grafischen Stile beherrscht, gelang es ihm gleich nach seinem Debüt in Garo, bei dem etablierten Mangamagazin Young Sunday von Shogakukan, einem der führenden Verlagshäuser, mit "Short Cuts" eine Serie über niedliche Mädchen zu platzieren. Die in Garo erprobte Methode nahm er hierfür zurück und versuchte vielmehr, die Leser von Mainstream-Manga so gut wie irgend möglich zu unterhalten. Auch mit den darauf folgenden Serien suchte er sich neue Herausforderungen: In der Zeitschrift Comic Birz (Verlag Gentosha) veröffentlichte er die ernste Geschichte "Mari no kanaderu ongaku" ("Die Musik, die Marie spielt" Ð französische übersetzung 2004, bei Casterman), in Big Comic Spirits (Shogakukan) erscheint seit 2002 die erbauliche Gag-Manga-Serie "Pi", in der ein Oberschüler auf der Suche nach der Idealbrust (= Pi) ist. Normalerweise kommen Autoren, die in Garo ihre ersten Arbeiten veröffentlicht haben, wegen ihrer ausgeprägten Individualität bei den grossen Mangamagazinen nicht an, denn für alle diejenigen, die sich alternativen Formen des Comics zuwenden, ist es nahezu unerträglich, den eigenen Stil für eine Mainstream-Karriere zurückzustellen. Furuya gelingt das allerdings mit Leichtigkeit. Dabei ist seinen Arbeiten stets anzumerken, dass er über das Comiczeichnen ebenso wie über die ästhetik des Mediums als solche kritisch nachdenkt. Diese Haltung zum eigenen Schaffen reicht zurück bis zu seinem Erstling "Palepoli".

Asakawa Mitsuhiro (übersetzung: Jaqueline Berndt)



Furuya Usamaru, Palepoli